DigiBi - Ausstellungen

Artikel in der Saarbrücker Zeitung - Homburg-Ausgabe vom 17. Januar 2003

Fiktive Wirklichkeit    Am Dienstagabend eröffneten die Fotografen von DigiBi eine Fotoausstellung in der Arbeitskammer in Kirkel. Gezeigt werden dabei Möglichkeiten der digitalen Fotografie und Bildbearbeitung. Bei der digitalen Bildbearbeitung ist - im Gegensatz zur dokumentarischen  Abbildung der Wirklichkeit - das manipulative Moment unumstritten und sogar gewünscht. Hier wird deutlich, dass man Fotos keineswegs immer trauen kann.

Bewusste Manipulation der Realität

Die Gruppe DigiBi zeigt in einer Ausstellung in Kirkel-Neuhäusel Werke digitaler Fotografie und Bildbearbeitung

Nicht immer zeigt eine Fotografie die Abbildung der Wirklichkeit. Die Ausstellung "Begegnungen im Digitalen" in Kirkel-Neuhäusel zeigt Möglichkeiten der digitalen Fotografie und Bildbearbeitung.

Kirkel-Neuhäusel (id). Menschenmengen und Einzelne, Gesichter und Körper, Pflanzen und Tiere, Land- und Ortschaften, Architektur und Technik: All das zieht unsere Blicke auf sich und weckt die Neugierde und Lust, sich intensiver damit zu beschäftigen. Eine klassische Art der Auseinandersetzung mit Gesehenem ist die Malerei, eine modernere die Fotografie und eine ganz aktuelle die digitale Fotografie und Bildbearbeitung.

Das Interesse und die Freude, mit Hilfe dieser technischen Möglichkeiten Gesehenes festzuhalten, zu ver- und bearbeiten, hat elf Männer aus unterschiedlichen saarländischen Regionen seit längerem in der Gruppe Digitale Bildverarbeitung, kurz DigiBi, zusammengeführt.

"Wir geben uns Hilfestellungen bei Hard- und Softwareproblemen und kritisieren konstruktiv gegenseitig unsere Bilder. Wir führen gemeinsame Projekte durch und präsentieren in Ausstellungen unsere Werke", beschreibt die Arbeitsgemeinschaft der Hobbyfotografen Sinn und Zweck der Gruppe und ihrer monatlichen Treffen. Nach Ausstellungen in Orscholz, Saarbrücken und Pirmasens zeigen zehn Künstler von DigiBi nun in Kirkel-Neuhäusel Eindrücke ihrer Arbeiten. Die Ausstellung "Begegnung im Digitalen" ist bis einschließlich Montag, 31. März, montags bis

samstags von acht Uhr bis 18 Uhr und sonntags von acht Uhr bis 14 Uhr im Bildungszentrum der Arbeitskammer des Saarlandes zu sehen. Bei der Augenpartie ("Les Yeux"), dem auf einem steinbedeckten Untergrund liegenden nackten Frauenkörper ("Sur les pierres") und der Gruppe strohbehüteter Männer von hinten ("Chapeaux") blickt der Betrachter auf drei sehr gelungene Schwarz-Weiß-Fotografien von Dieter Schumann aus Saarbrücken. Dass es sich dabei um digitale Bildbearbeitungen handelt, ist ebenso wenig offensichtlich wie beispielsweise bei "Tulpenmakro" oder "Echse" von Thomas Schulz aus Schiffweiler. Auch bei "Loch Derryclare", einer sich in Wasser spiegelnden, bewaldeten Landschaft in Irland von Helge Zimmer aus Quierschied, oder bei den Panoramas "Fischerdorf in Neufundland" und "Saargemünd" von Walter Hügel aus Saarbrücken, geht man nicht unbedingt von digital bearbeiteten Bildern aus. Gleiches gilt für "Gespann", zwei offenbar im Abheben abgelichteten Motocross-Fahrern, von Karl-Heinz Leiser aus Bexbach oder "Im Kirmeszelt", einer verschwommen fotografierten Menschenmenge, ebenfalls von Hügel.

Ganz anders verhält es sich mit "Hot Pipe" und "Stone Girl" von Horst Ulbrich aus Neunkirchen. Beide von ihm abgelichtete Frauen könnten sich zwar auch aufwendigen Körperbemalungen unterzogen haben, um mit den sie umgebenden Hintergründen farblich zu verschmelzen, doch diese Körper-Farb-Spiele sind Ergebnisse digitaler Bildbearbeitungen. Eindeutig sind Experimente mit diesen Möglichkeiten der Technik bei "Stadtillusion" von Hartwig Becker aus Neunkirchen, in der ein knallroter Flitzer scheinbar an

einer Hochhauswand in die Tiefe rast, oder bei "Licht im Dunkel", einer digitalen Bildbearbeitung von Berthold Schmidt aus Kirkel, auf der die Lichter zweier Straßenlaternen den gesamten von ihnen bestrahlten Untergrund in sich aufzusaugen scheinen.

Regelrecht künstlerisch wirken die surrealistischen Foto-Bearbeitungen "Der Anti-Christ" und "Baum der Verzweifelten" von Roland K. Mettel aus Kleinblittersdorf oder die mehr malerisch denn fotografisch aussehenden digitalen Bildbearbeitungen von Wolfgang Wiesen aus der Gemeinde Tholey.

"Wir müssen uns bewusst sein, dass jedes Foto manipuliert ist. Was wir sehen, muss nicht so sein. Es könnte so sein." Diese im Rahmen der Ausstellungs-Eröffnung von Hügel geäußerte Aussage trifft ganz bestimmt nicht auf Fotografie im Allgemeinen zu, wurde und wird doch gerade Fotografie seit Entstehung der Technik vor mehr als 150 Jahren wegen der Möglichkeit wirklichkeitsgetreuer Abbildung der Umwelt geschätzt. Bezogen auf die digitale Bildbearbeitung aber ist das manipulative Moment unumstritten und auch gewünscht, wird werbemäßig und künstlerisch oft ge- und leider immer wieder auch missbraucht. "Weil Fotografie genaue Abbilder der Realität erzeugen kann, erwarten viele, dass man Fotos glauben und vertrauen kann", unterstrich auch Hügel Möglichkeiten von Manipulation im Bild und durch das Bild. Nicht zuletzt deshalb "ist es wichtig, sich in der Welt der Bilderflut Zeit zu nehmen, um Assoziationen und Emotionen nachzugehen". Das sieht wohl auch Erwin Irmisch, Leiter des Bildungszentrums der AK in Kirkel-Neuhäusel, so: "Schauen Sie nicht nur einmal hin, schauen Sie mehrmals hin. Es lohnt sich".

 
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"Begegnungen im Digitalen"
Bildungszentrum Kirkel der Arbeitskammer des Saarlandes - Kirkel